60 Prozent der Dachfläche müssen belegt werden – PV-Netzwerk Nordschwarzwald berät „Häuslebauer“
keep/Pforzheim/Enzkreis. Dachflächen möglichst ganz nutzen und an künftige E-Autos und Wärmepumpen denken
In Baden-Württemberg müssen seit dem 1. Mai 2022 neue Wohngebäude mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet sein. Damit ist nach neuen Nichtwohngebäuden und Parkplätzen die nächste Stufe der Solarpflicht des Landes in Kraft getreten. Darauf weist das Solar Cluster Baden-Württemberg hin. Geschäftsführer Franz Pöter vom Solar Cluster Baden-Württemberg rät allen zukünftigen Hausbauer*innen: „Nutzen Sie die Dachfläche möglichst ganz und bauen sie größer als verlangt! So können Hauseigentümer*innen den günstigen Solarstrom auch für die zunehmend nachgefragten Wärmepumpen und E-Autos selbst nutzen.“ Natürlich ist auch die Einspeisung in das öffentliche Stromnetz möglich, aber weitaus weniger profitabel.
Im Nordschwarzwald ist das Interesse an Photovoltaik in den letzten Wochen in Folge des Ukraine-Krieges stark gestiegen. „Sehr viele Bürger*innen erkundigen sich, was sie tun können um Energie zu sparen und wollen wissen, ob auch ihr Dach sich eignet,“ sagt Björn Ehrismann von der keep Klimaschutz- und Energieagentur Enzkreis Pforzheim. „Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach lohnt sich,“ so Ehrismann weiter, „da mit ihr ein bedeutender Anteil des aus dem Stromnetz bezogenen Stroms eingespart werden kann. Das trägt zu mehr Unabhängigkeit der eigenen Stromversorgung bei und zu einem grüneren Strommix.“ Der Strom wird als Eigenstrom entweder für Beleuchtung und elektrische Geräte oder das (zukünftige) Elektroauto teilweise selbst verbraucht. Das entlastet die Stromnetze und reduziert die Rechnung des Stromversorgers. Den anderen Teil des Stroms, der nicht selbst verbraucht werden kann, speisen die Anlageneigentümer gegen eine Vergütung in das öffentliche Netz ein und leisten so einen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz.
PV-Pflicht in Baden-Württemberg gilt für alle Neubaugebäude
Wer künftig einen Bauantrag für ein neues Wohngebäude einreicht, muss 60 Prozent der solargeeigneten Dachfläche mit Photovoltaikmodulen belegen. Zur Erfüllung des Gesetzes kann auch eine solarthermische Anlage errichtet werden. Die PV-Pflicht gilt seit Januar bereits für neue Büro- und Verwaltungsgebäude und Parkplätze mit mehr als 35 Stellflächen. Ab 1. Januar 2023 sind Anlagen auch bei grundlegenden Dachsanierungen von bestehenden Gebäuden zu installieren.
Das PV-Netzwerk Nordschwarzwald wird sein Beratungs- und Informationsangebot in der Region über die Solarpflicht hinaus weiter ausbauen und Städte und Gemeinden unterstützen, eigene Solarprojekte zu initiieren. Auch für Unternehmen oder landwirtschaftliche Betriebe werden die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Solarstrom z.B. für die Sektorenkoppelung weiter vorgestellt. Informationen zu aktuellen Veranstaltungen oder Veröffentlichungen sind auf der Webseite des PV-Netzwerkes Nordschwarzwald ersichtlich.
Hintergrund zur PV-Pflicht
Als solargeeignet gelten Dachflächen, die ausreichend besonnt sind. Das trifft auf unverschattete oder nur geringfügig verschattete Dachflächen zu, die nach Süden, Osten oder Westen ausgerichtet sind. Zudem muss mindestens eine ihrer Einzeldachflächen eine zusammenhängende Mindestfläche von 20 Quadratmetern aufweisen. Dächer mit einer Dachneigung von mehr als 20 Grad, die nach Norden zeigen, sind als nicht geeignet eingestuft. Von der Pflicht befreit sind außerdem Gebäude mit einer Raumnutzfläche von weniger als 50 Quadratmetern.
Ein typisches Beispiel zeigt, was die Solarpflicht konkret bedeutet. Ein kleines freistehendes Einfamilienhaus verfügt etwa über rund 80 Quadratmeter Fläche. Um die Pflicht zu erfüllen, sind knapp 50 Quadratmeter der Dachfläche zu belegen. Das ergibt eine installierte Leistung der Solaranlage von rund zehn Kilowatt. Damit können je nach Ausrichtung der Anlage bis zu 10.000 Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt werden, rund dreimal so viel, wie ein Durchschnittshaushalt verbraucht.
Wie teuer ist eine Photovoltaikanlage?
Zu den Kosten: Ein Kilowatt Leistung kostet derzeit rund 1.400 bis 1.600 Euro, die gesamte Beispielanlage also rund 15.000 Euro. Eine größere Anlage, etwa für 20.000 oder 25.000 Euro, lohnt sich aber auch, da der Überschuss ins Stromnetz eingespeist und vergütet wird. Wer sich demnächst eine Wärmepumpe als Ersatz für die Gasheizung anschafft oder ein Elektroauto anstatt des Diesels, kann diese dann zudem mit günstigem eigenen Solarstrom versorgen. Das reduziert die Betriebskosten und macht am Ende einen finanziellen Gewinn. Auch für den Klimaschutz und die eigene Versorgungssicherheit lohnt sich eine größere Anlage. Überschreiten die Kosten der Anlage den Schwellenwert von 20 Prozent der Gebäudebaukosten, ist eine Verkleinerung der Anlage möglich, bis die Prozentschwelle unterschritten ist. Dies wird übrigens nur bei den allerwenigsten Gebäuden der Fall sein: Ist die Anlage 15.000 Euro teuer, dürfte das Haus nur 75.000 Euro kosten – das ist äußerst unwahrscheinlich. Die Investition für die Solaranlage ist in Relation zu den Gesamtbaukosten also gering.
Das PV-Netzwerk Nordschwarzwald
Das dreijährige unabhängige Förderprojekt des Umweltministeriums Baden-Württemberg zur Unterstützung des PV-Ausbaus in der Region Nordschwarzwald bietet Veranstaltungen, Beratungen oder Exkursionen rund um das Thema an. Das PV-Netzwerk wird in der Region von den Energieagenturen der Region und in Kooperation mit dem Beratungsbüro Clean Energy aus Radolfzell angeboten. Die Kooperation hat sich bereits im gleichnamigen Vorgängerprojekt und aktuell im Rahmen der Kommunalen Beratungsstellen bewährt.